Bürgerentscheid | Stadt Castrop-Rauxel

Bürgerbegehren und Bürgerentscheid

 Bürgerbegehren zum Bauvorhaben "Wohnen an der Emscher":

Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Gelsenkirchen

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen teilte am 1. Oktober für das Eilverfahren mit, dass der Rat der Stadt "in seiner Sitzung am 26. September 2019 im Ergebnis zu Recht die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt" hat. Die Antragsteller hatten beantragt unverzüglich die Zuslässigkeit des Bürgerbegehrens "Alte Eiche" festzustellen. Gegen diese gerichtliche Einschätzung ist beim Oberverwaltungsgericht Beschwerde eingelegt worden.

Der BUND NRW e.V. hat gegen die von der Stadtverwaltung im Juli erteilte Genehmigung der Fällung Klage eingereicht. Die Verwaltung hat dazu dem Gericht ein erste Einschätzung abgegeben. Bis zur Entscheidung des Gerichtes geht die Verwaltung von einer aufschiebenden Wirkung aus.

 

Entscheidung des Rates
Der Stadtrat ist in seiner Sitzung am 26. September mit 34 zu 13 Stimmen der rechtlichen Einschätzung der Verwaltung gefolgt und hat das aktuelle Bürgerbegehren für nicht zulässig erklärt. Die formulierte Frage des Bürgerbegehrens wurde bereits mehrfach von Bürgern an den Kreis gestellt. Alle Anfragen hinsichtlich der Unterschutzstellung der Eiche an der Heerstraße wurden vom Kreis abgelehnt. Auch im Rahmen einer Petition an den Landtag im Frühjahr 2019 hatte der Kreis bereits dieselbe Antwort gegeben, so die Argumentation. Die Gemeindeordnung NRW lässt in der Sache erledigte Bürgerbegehren nicht zu.

Vorlage der Verwaltung zur Ratssitzung am 26. September

Die Stadtverwaltung muss dem Verfahren gemäß eine Vorlage für den Rat vorbereiten.

Angesichts der rechtlichen Rahmenbedingungen wird in der Vorlage der Verwaltung an den Rat das Bürgerbegehren für rechtlich unzulässig eingeschätzt. Mehrfach hat der Kreis Recklinghausen Anfragen/Anträge von Bürgerinnen und Bürgern zur Unterschutzstellung der Eiche bereits abgelehnt. Demnach sieht die Verwaltung es nach § 26 Gemeindeordnung nicht als zulässig an, die bereits abschlägig beschiedene Frage erneut über ein Bürgerbegehren zu stellen.

Damit gibt die Verwaltung eine rechtliche, keine inhaltliche Expertise ab.

Die Bedenken der Stadtverwaltung wurden im Vorfeld mit der Kommunalaufsicht des Kreises Recklinghausen abgestimmt.

Im Detail heißt es in der Vorlage als Beschlussvorschlag: 

"Der Rat der Stadt Castrop-Rauxel stellt die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens „Soll bei der unteren Naturschutzbehörde die Unterschutzstellung der alten Eiche an der Heerstraße als Naturdenkmal beantragt werden?“ fest." und weiter

"d) Entscheidung über eine Angelegenheit des Rates

Gemäß § 26 Absatz 1 Satz 1 GO NRW können die Bürger beantragen, dass sie an Stelle des Rates über eine Angelegenheit des Rates selbst entscheiden. Dies bedeutet, dass ein Bürgerentscheid nur zu einer Angelegenheit stattfinden darf, über die die Gemeinde durch ihren Rat noch sinnvoll entscheiden kann. Im Umkehrschluss gilt als ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung, dass ein erledigtes Bürgerbegehren nicht mehr Grundlage eines Bürgerentscheides sein kann (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11.10.1999 - 10 L 1946/99, vgl. Bätge, Wahlen und Abstimmungen in Nordrhein-Westfalen, Band 2, Kommentar zu § 26 Abs. 1 GO - 92.01 Ziffer 5).
Die Kreisverwaltung hat die Stadt darüber unterrichtet, dass alle Bürgerinnen und
Bürger, die die Unterschutzstellung der alten Eiche an der Heerstraße beantragt
hatten, mit Schreiben vom 06.09.2019 die Mitteilung erhalten haben, dass eine
Ausweisung des betreffenden Baums als Naturdenkmal letztlich wegen der entgegenstehenden Planungshoheit der Stadt Castrop-Rauxel (s. oben unter 4.) nicht
in Frage kommt (s. Anlage 1). Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Kreises
hat sich die Abstimmungsfrage aufgrund der eingetretenen Entwicklung erledigt,
so dass für die Herbeiführung eines auf dieselbe Angelegenheit gerichteten Bürgerentscheids kein Bedürfnis mehr besteht. Das Bürgerbegehren ist damit inzwischen
nicht mehr statthaft und für unzulässig zu erklären."

Weitere Dokumente / Hinweise  / Vorlagen der Ratssitzung (26.09.)

Bürgerfragen Wohnen an der Emscher - Antwort der Stadtverwaltung

Beschluss Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Anmerkung: persönliche Daten der Antragsteller wurden geschwärzt)

Kreis RE Ablehnung Anfrage Unterschutzstellung alte Eiche 
Einreichung Bürgerbegehren Antrag Unterschutzstellung alte Eiche Heerstraße
Rechtliche Beurteilung des Bürgerbegehren
Anschreiben Aufsichtsbehörde wg Zulässigkeit BB Alte Eiche 20.08.2019
Antwortschreiben Kreis Recklinghausen vom 11.09.2019
Schreiben Kreis Recklinghausen an BM 17.09.2019 

Hinweis des Bereichs Stadtgrün und Friedhofswesen: Anzahl des Eichenbestandes nach Klassen allein in städtischen Anlagen (ohne Waldungen, ohne Amerikanische Eiche, ohne Privateigentum) 230-350 cm: 60 Bäume, Stammumfang von 450 cm: 1 Baum (FH. Bladenhorst)

Hinweis zu den erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen: Wird im Zuge einer Maßnahme in die Natur eingegriffen, müssen Ausgleichmaßnahmen erfolgen. Das Baugesetzbuch verlangt den Ausgleich der Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes. Vor diesem Hintergrund wurde ein landschaftspflegerischer Begleitplan mit Eingriffs-Ausgleichsbilanzierung zum Bebauungsplan „Wohnen an der Emscher“ erstellt. Da die innerhalb des Geltungsbereiches gelegenen Ausgleichsmaßnahmen die Eingriffe in die Natur und Landschaft nicht in Gänze kompensieren können, sind darüber hinaus externe Kompensationsmaßnahmen vorzusehen. Aus der Bilanzierung zwischen dem Bestand und Planung ergibt sich ein Ökopunktedefizit von ca. 79.000 Punkten welche über die Abgeltung durch die Zahlung auf das Ökokonto der Landschaftsagentur Plus kompensiert wird. Durch die Gelder aus dem Ökokonto werden Maßnahmen im Bereich der Lippeaue im 2Stromland zwischen Olfen und Haltern im Kreis Recklinghausen durchgeführt.

Rückblick:  Bürgerbegehren zum Bauvorhaben "Wohnen an der Emscher"
Am 8. August 2019 ist schriftlich gegenüber der Stadtverwaltung von drei vertretungsberechtigten Bürgerinnen und Bürgern ein Bürgerbegehren gemäß den Vorgaben des § 26 Gemeindeordnung NRW mit der Fragestellung „Soll bei der unteren Naturschutzbehörde die Unterschutzstellung der alten Eiche an der Heerstraße als Naturdenkmal beantragt werden?“ angekündigt worden.

Eine Begründung, die Kostenschätzung sowie eine Muster-Unterschriftsliste liegen vor. Die Begründung lautet:
"Die alte Eiche an der Heerstraße steht seit 250 Jahren an diesem Platz und ist damit eine Ausnahmeerscheinung in unserer Stadt. Der Baum imponiert durch seine Größe und da er von menschlichen Eingriffen unberührt ist, strahlt er eine große natürliche Schönheit aus. Nach unserer Auffassung sollte er deshalb wegen seiner Seltenheit, Eigenart und Schönheit gemäß § 28 des Bundesnaturschutzgesetzes als Naturdenkmal unter Schutz gestellt werden."

 

Beratung durch die Stadtverwaltung
Die Stadtverwaltung war gemäß § 26 der Gemeindeordnung NRW "in den Grenzen ihrer Verwaltungskraft ihren Bürgern bei der Einleitung eines Bürgerbegehrens behilflich". Hierzu wurde ein Beratungsgespräch mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens geführt. Dabei wurde u.a. verdeutlicht, dass das Bürgerbegehren an eine Kommune nur Inhalte zum Gegenstand haben kann, für die eine Kommune auch zuständig ist. Ein weiteres Beratungsgespräch wurde bei der Verwaltung nicht angefragt.

Über die Zulässigkeit des beabsichtigten Bürgerbegehrens entscheidet der Rat der Stadt.

 

Benötigte Unterschriften
Die Initiatoren sammeln mit den Unterschriftenlisten Unterstützungsunterschriften für ihr Begehren. Bei Gemeinden mit 50.001 bis 100.000 Einwohnern muss das Bürgerbegehren von sechs Prozent der Bürger unterzeichnet werden (§ 26 Abs. 4 Gemeindeordnung NRW). Maßgebliche Einwohnerzahl ist hier die Zahl der festgestellten Wahlberechtigten bei der letzten allgemeinen Kommunalwahl (2014: 61.697 Wahlberechtigte). Es müssen also mindestens 3.702 gültige Unterstützungsunterschriften eingereicht werden. Unterschreiben dürfen alle, die auch bei einer Kommunalwahl wahlberechtigt sind, also Deutsche und EU-Ausländer ab 16 Jahren mit Hauptwohnsitz in Castrop-Rauxel.

Am Montag, 9. September, haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens Unterschriftenlisten an den Bürgermeister übergeben. Das Begehren ist ab diesem Zeitpunkt offiziell eingereicht.


Neuerungen für Bürgerbegehren ab 2019
Bürgerbegehren können durch eine Neuerung schon vor dem Erreichen der benötigten Unterschriftenzahl in den Rat eingebracht werden, um zu prüfen, ob ein Bürgerbegehren zulässig ist. Dazu ist lediglich ein Antrag der vertretungsberechtigten Antragsteller sowie von 25 Unterstützern nötig. Die erforderlichen Unterschriften müssen erst im Anschluss erbracht und geprüft werden. Hierüber hat die Stadtverwaltung die Initiatoren im Beratungstermin sowie schriftlich informiert.

 

Fristen
Da es sich in diesem Fall augenscheinlich um ein „initiierendes“ Bürgerbegehren handelt, müssen die Vertretungsberechtigten keine weiteren Fristen nach der Gemeindeordnung beachten. Die nächste reguläre Ratssitzung, die sich theoretisch mit dem Bürgerbegehren beschäftigen könnte, findet am 26. September statt. Die Einberufung einer Sonderratssitzung ist darüber hinaus möglich. Für die Prüfung der Unterschriften benötigt die Verwaltung je nach Qualität und Anzahl der Listen voraussichtlich ca. zwei Wochen. Relevant für dieses Bürgerbegehren ist auch die Schutzfrist nach Bundesnaturschutzgesetz, da es dem Grundstückseigentümer nach Ende der Schutzfrist frei steht, eine Baumfällung vorzunehmen.

 

Bürgerbegehren und Stadtrat
Der Rat der Stadt entscheidet
a) über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und
b) ob er einem zulässigen Bürgerbegehren entsprechen will.


Falls der Rat einem zulässigen Bürgerbegehren nicht entspricht, kommt es innerhalb von drei Monaten nach Ratsentscheidung zu einem Bürgerentscheid.

 

Bürgerentscheid
Für einen erfolgreichen Bürgerentscheid müssen 15 Prozent der Wahlberechtigten abstimmen, davon die Mehrheit im Sinne des Antragstellers. Wahlberechtigt sind alle, die auch bei einer Kommunalwahl wahlberechtigt sind, also Deutsche und EU-Ausländer ab 16 Jahren mit Hauptwohnsitz in Castrop-Rauxel.

 

Kosten
Die Kostenschätzung der Verwaltung (nach § 26 der Gemeindeordnung NRW) für das Bürgerbegehren liegt bei 0 EUR. Die Kostenschätzung für die Durchführung eines Bürgerentscheids auf der Grundlage der Kosten des letzten Bürgerentscheids liegt bei 75.000 EUR (inkl. Erstellung und Versand eines Abstimmungsheftes, an rund 60.000 Wahlberechtigte, das die unterschiedlichen Positionen beleuchtet).

 

Weiterführende Informationen
Sitzungsvorlage Bebauungsplan Nr. 245,  Planbereich „Wohnen an der Emscher“
hier: a) Entscheidung über die Stellungnahmen nach § 2 Abs. 3 BauGB
 b) Entscheidung über die redaktionellen Änderungen und Ergänzungen
 c) Satzungsbeschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB

Informationen zur Landschaftsplanung und -gestaltung stehen auf der Internetseite des Kreises zur Verfügung u. a. auch zu Naturdenkmälern, auf die jedermann die Untere Naturschutzbehörde formlos hinweisen kann.

Rückblick Bürgerentscheid "Erhalt Fridtjof-Nansen-Realschule"
Am Sonntag, 28. Oktober 2012, stand der zweite Bürgerentscheid in der Geschichte Castrop-Rauxels an. Die Frage, die Sie mit Ja oder Nein beantworten konnten, lautete:

"Soll die Fridtjof-Nansen-Realschule (FNR) am selben Standort* in ihrer jetzigen Schulform als eigenständige Realschule erhalten bleiben?“ * Lange Straße 18-22, 44579 Castrop-Rauxel

13.270 Bürgerinnen und Bürger stimmten mit "Ja" für den Erhalt der Fridtjof-Nansen-Realschule,
1.544 mit "Nein". Also bleibt die Fridtjof-Nansen-Realschule erhalten.

61.964 Bürgerinnen und Bürger waren beim Bürgerentscheid abstimmungsberechtigt. 14.814 gültige Stimmen wurden abgegeben. Damit lag die Abstimmungsbeteiligung bei 23,9 Prozent.

Das Quorum von 15 Prozent für einen erfolgreichen Bürgerentscheid entsprach 9.295 Ja-Stimmen und wurde um fast 4.000 Stimmen übertroffen.

Für 1.724 junge Castrop-Rauxelerinnen und Castrop-Rauxeler war es die erste Wahl bzw. Abstimmung überhaupt. 3.181 Bürgerinnen und Bürger stimmten per Briefabstimmung ab.

Wahlergebnisse Kommunalwahlen

Bürgerentscheid 2012
"Soll die Fridtjof-Nansen-Realschule am selben Standort in ihrer jetzigen Schulform als eigenständige Realschule erhalten bleiben?"
Abstimmungsergebnisse

Bürgerentscheid 2005
"Soll die Grundschule Marienburger Straße erhalten bleiben?"
Abstimmungsergebisse