Castrop-Rauxel.de aktuell

Großer Unmut herrscht bei den Finanzverantwortlichen der Stadt Castrop-Rauxel um Bürgermeister Rajko Kravanja. Hintergrund: Die Landesregierung hat jüngst ihre Pläne für die Lösung der Altschuldenproblematik, die Finanzierung eines kommunalen Klimaanpassungs- und Klimaschutzprogramms sowie die Eckdaten für das Gemeindefinanzierungsgesetz 2024 vorgelegt.
„Kommunale Selbstverwaltung in Gefahr“
Bürgermeister Rajko Kravanja erläutert:
„Selbstverständlich ist es auch aus Sicht der Stadt Castrop-Rauxel zu begrüßen, dass hier erstmals eine Landesregierung einen substantiellen bzw. konkreten Vorschlag zur Lösung des drängenden Problems der kommunalen Altschulden unterbreitet, wenngleich festzustellen ist, dass der optimale Zeitpunkt für eine solche Lösung mit Blick auf das in den zurückliegenden Jahren historisch niedrige, inzwischen doch wieder deutlich angestiegene Zinsniveau an den Geld- und Kapitalmärkten eindeutig verpasst wurde. Gleichwohl wird die grundsätzliche Zielsetzung der Landesregierung in der Kommunalen Familie positiv aufgenommen, da eine Altschuldenlösung für die Kommunen in NRW bekanntermaßen und absehbar von erheblicher Bedeutung ist bzw. sein wird. Der vorgeschlagene Weg muss aus Sicht einer Kommune mit besonders prekärer Haushalts- und Finanzlage, wie es Castrop-Rauxel nun einmal seit langen Jahren ist, als untauglich, die Ursachen und Verantwortlichkeiten verkennend, nicht nachhaltig und darüber hinaus unsolidarisch bezeichnet werden. Die Planungen stehen zudem nicht im Einklang mit den Positionierungen und Verlautbarungen von Bundesfinanzminister Lindner, der einer vom Land vorgesehenen hälftigen Beteiligung des Bundes an der Altschuldenlösung in der jetzt vorgelegten Form bereits eine klare Absage erteilt hat.“
Stadtkämmerer Michael Eckhardt ergänzt:
„Sollten die Planungen der Landesregierung eins zu eins so umgesetzt werden, sehe ich die erheblichen Anstrengungen und auch Erfolge in puncto Haushaltskonsolidierung der letzten Jahre mehr als gefährdet. Hier geht es darum, das Bisschen an kommunaler Selbstverwaltung und Entscheidungsfreiheit, das man gerade wieder gewonnen hat, zu verteidigen.“
Stefan Brenk, Leiter des Bereichs Finanzen, sieht es so:
„Die Planungen des Landes, insbesondere die zum kommunalen Altschuldenfonds, erinnern mich doch sehr an die Geschichte des Barons von Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen hat. Ähnliches wird nach den aktuellen Planungen von den Städten und Gemeinden erwartet. Zwar stellt das Land eine Übernahme von nahezu der Hälfte aller kommunalen Altschulden in seinen Bestand in Aussicht, gleichzeitig kündigt es aber an, zur Finanzierung der ihm hierdurch entstehenden Lasten die Schlüsselzuweisungen an die Kommunen in 2024 einmalig um 230 Millionen Euro und dann ab dem Jahr 2025 um 460 Millionen Euro pro Jahr zu kürzen. Und das über einen Zeitraum von 40 Jahren, also zwei Generationen! Letztlich würden die Städte und Gemeinden die Altschuldenproblematik damit doch wieder selbst bezahlen, das Risiko des Landes bei dem hier gewählten Weg wäre sehr überschaubar.“
Die städtischen Finanzverantwortlichen beschäftigt zudem, dass die Landtagsfraktionen von CDU und Grünen in einer gemeinsamen Erklärung vom 05.07.2023 mitgeteilt haben, dass eine Verlängerung der sog. „Isolierung“ von Belastungen in den kommunalen Haushalten aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine über den derzeit gesetzlich geregelten Zeitraum hinaus nicht geplant ist. Dies bedeutet, dass der besondere Ausweis dieser erheblichen Belastungen ab dem Jahr 2024 nicht mehr möglich sein wird, obwohl eine entsprechende Isolierung im Haushalt 2023 für den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung (2024 – 2026) noch zwingend vorgeschrieben war.
„Sollte dies alles tatsächlich für das Jahr 2024 so kommen, fehlt uns insbesondere angesichts der erheblich gestiegenen und weiter steigenden Aufwendungen in vielen Bereichen derzeit die Phantasie, wie unter solchen Rahmenbedingungen ein auch nur annähernd ausgeglichener Haushalt aufgestellt werden soll“, so Michael Eckhardt weiter.
Aufgrund der sich abzeichnenden Entwicklungen haben sich der Bürgermeister und der Stadtkämmerer jetzt in einem ausführlichen Schreiben an die Mitglieder des Rates gewandt und diese über die aktuellen Entwicklungen informiert. Darin kündigen sie an, den Rat und den Haupt- und Finanzausschuss in dessen nächsten Sitzungen Ende August eingehend und umfassend über den dann aktuellen Sachstand zu unterrichten.
Ungeachtet der beschriebenen Problemlage und derzeit noch vieler offener Fragen beabsichtigt die Verwaltung den Entwurf des Haushalts für das Jahr 2024 planmäßig am 28. September 2023 in den Rat einzubringen.